10. Juni 2006 Bombenfund in Günzburg

„Da hilft nur eins: vorsichtig weiterarbeiten“ Hunderte Hilfskräfte sperren Straßen und räumen Marktplatz

Bild: KFV Günzburg

Nach dem Fund einer 20 Zentner schweren Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg in der Nähe des Günzburger Bahnhofs ist am Samstagabend eine der größten Hilfsaktionen in der jüngeren Geschichte der Stadt abgelaufen. Ehe Experten des Sprengkommandos München um 22.55 Uhr die Bombe entschärften, mussten im Umkreis von 500 Metern um die ehemalige Tierzuchthalle am Auweg sämtliche Häuser, Firmengebäude und Einrichtungen evakuiert sowie Straßen und die Bahnstrecke gesperrt werden. Auch der belebte Marktplatz wurde für rund zwei Stunden geräumt.


Als die Nachricht vom Fund einer scharfen Bombe, nur 150 Meter vom Bahnhof entfernt, die Runde machte, richtete das Rote Kreuz zunächst eine Notaufnahmestation an der Wache in der Parkstraße ein. Dazu waren bereits die Schnelleinsatzgruppen "Sanitäter", "Betreuung" und "Technik" mit 30 Helfern im Einsatz, berichtete der Organisatorische Leiter Reinhold Attenhauser. Hinzu kamen die Besatzungen von zwei Rettungswagen, die Unterstützungsgruppe Sanitätseinsatzleiter (sechs Personen) und Leitender Notarzt Dr. Georg Kithil.

Als aber bekannt wurde, dass der Sperrgürtel wegen der Größe der Bombe größer werden musste, wurde die Aufnahmestation in die Aufenthaltsräume eines Günzburger Unternehmens verlegt. Firmenchef und Stadtrat Ferdinand Munk (Günzburger Steigtechnik), der zusammen mit zweitem Bürgermeister Anton Gollmitzer an den Auweg gekommen war, erklärte sich spontan bereit, seine Räumlichkeiten im Industriegebiet zur Verfügung zu stellen. Dort in zwei Speisesälen wurden insgesamt 110 Personen registriert und mit Getränken versorgt. "Unser Kriseninterventionsteam und der Notfallseelsorger haben einige Menschen betreut, die besonders aufgeregt waren", so Attenhauser. Die Einsatzkräfte richteten im Stadtgebiet drei Sammelstellen ein, von wo aus sie die Menschen im Pendelverkehr zum Firmengebäude brachten.

Das Rote Kreuz zog sämtliche verfügbaren Kräfte aus dem Kreis Günzburg und den benachbarten Landkreisen zusammen. 120 Helfer diverser Schnelleinsatzgruppen aus Günzburg, Neu-Ulm, Dillingen, Augsburg und Unterallgäu rückten an. An der Alten Pforte beim BKH reihte sich Einsatzwagen an Einsatzwagen: Am Ende waren es rund 40.

Von der Evakuierung betroffen waren nach Angaben von Helmut Stammer, dem Leiter des städtischen Ordnungsamtes, rund 1500 Menschen. Der stellvertretende Leiter der Abteilung Katastrophenschutz beim Landratsamt, Wolfgang Fendt, bestellte Kreisbrandrat Robert Spiller kurzfristig zum so genannten "vorab bestimmten Örtlichen Einsatzleiter".

Die Freiwilligen Feuerwehren Günzburg, Riedhausen, Offingen, Burgau und Neuburg/Kammel sperrten Straßen und Wege (unter anderem den Donauradwanderweg) ab und fuhren zusammen mit Polizeibeamten in mehreren Lautsprecher-Fahrzeugen durch die benachbarten Siedlungen, um die betroffenen Anwohner aufzufordern, ihre Häuser zu verlassen. Auch die Polizei löste Großalarm aus. Neben der Inspektion Günzburg waren der Einsatzzug Krumbach und die Bahnpolizei Augsburg im Einsatz. Die Beamten veranlassten zudem Radio-Durchsagen.

Um die Bombe sicher entschärfen zu können, mussten das Waldbad, wo sich am Nachmittag rund 500 Badegäste aufhielten, die Frauenkirche, der komplette Marktplatz, die Bundesstraßen 10 und 16 sowie weitere Straßen im Stadtgebiet gesperrt werden. Die Rettungskräfte räumten das Kloster bei der Frauenkirche. Acht Schwestern des Maria-Ward-Institutes mussten die Einrichtungen vorübergehend verlassen. Betroffen waren unter anderem auch Bewohner der Mehrfamilienhäuser im Mozartring. Große Auswirkungen hatte der brisante Fund auf die Bahnlinie Augsburg-Ulm. Dort ging ab 18.48 Uhr gar nichts mehr. Die Züge wurden bis 23 Uhr großräumig umgeleitet.

Bauarbeiter, die zurzeit die Tierzuchthalle nahe der Bahnlinie abreißen, hatten die Bombe am Samstag gegen 15.50 Uhr ausgebaggert. Sie verständigten die Polizei. Erst als Fachleute des Sprengkommandos München um 18.37 Uhr den brisanten Fund inspiziert hatten, wurde das Ausmaß klar. Sprengmeister Günter Hanft: "Ich mache den Job schon seit mehr als 30 Jahren. Das ist meine 349. Bombe. Aber ein solches Teil habe ich noch nie gesehen." Nach Auskunft des Sprengmeisters wiegt die US-Fliegerbombe eine Tonne und hat zwei Aufschlagzünder. Das THW Günzburg stellte einen Lkw mit Kran und Pritsche zur Verfügung, um die entschärfte Bombe auf einer Sandauflage noch in der Nacht nach München zu bringen. Begleitet wurde das THW von Einsatzleiter Spiller und der Polizei.


Quelle: Günzburger Zeitung


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